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BLOG - Auslandspraktikum der Hemminger Auszubildenden
Wie „tickt“ eigentlich die öffentliche Verwaltung in Schottland? Werden dort die gleichen Aufgaben auf kommunaler Ebene erledigt? Was muss man dafür bezahlen? Wie sieht es aus mit der Ausbildung? All diesen Fragen gehen zwei Auszubildende der Stadt Hemmingen in den nächsten Wochen auf den Grund.
Kim Scholz und Julia Hertel sind seit 2017 Auszubildende für den Beruf der Verwaltungsfachangestellten und reisen für 4 Wochen in die Partnerstadt Clydesdale nach Schottland. Das Praktikum findet im Rahmen des EU-Programms ERASMUS+ in der Zeit vom 01.07.2019 bis zum 28.07.2019 statt. „Wir wollen in unserer Ausbildung auch interkulturelle Kompetenz fördern und die Persönlichkeit weiterbilden“ sagt Ausbildungsleiter Heiko Malina und „wo geht das besser, als im Ausland. Da lag es nahe, zunächst in die Partnerstädte der Stadt Hemmingen zu blicken.“ Gern habe man als Ausbildungsbetrieb das Interesse der beiden Auszubildenden aufgenommen.
Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Plätzen fanden die beiden Auszubildenden beim Partnerschaftskomitee Hemmingen (PAKO). „Unsere wunderschöne Partnerstadt Clydesdale, im South Lanarkshire District nimmt die beiden auf und ermöglicht ihnen Einblicke in die Verwaltungsausbildung in Schottland“ freut sich die Vorsitzende des Parnterschaftskomitees Susanne Zimmermann.
Frau Hertel und Frau Scholz erklärten beide: „Wir freuen uns auf die spannende und erlebnisreiche Zeit in Schottland und freuen uns, dass wir dieses Möglichkeit bekommen haben.“ Die beiden Auszubildenden werden ab dem 01.07.2019 über ihre Reise, Erlebnisse und Eindrücke in diesem Blog berichten. Schauen Sie doch mal rein, wie Verwaltung in Schottland läuft.
Mittwoch, 3.07.2019
Nachdem wir am Samstag in Glasgow ankamen und zu unserer Unterkunft in Blackwood gebracht wurden, erkundeten wir erst einmal die Gegend in der wir uns für die nächsten vier Wochen aufhalten werden.
An unserem ersten Arbeitstag am Montag wurden wir von der Ratsfrau Catherine McClymont abgeholt und zum Council (Rathaus) gebracht. Dort wurden wir herzlich in Empfang genommen und bekamen im Anschluss eine Führung durch das 16-stöckige Gebäude.
Daraufhin hat man uns in verschiedenen Abteilungen untergebracht. Eine von uns befand sich im Inneren Service und die andere wirkte bei dem sozialen Projek "Seniors Together" im Rahmen der Sozialarbeit mit.
Ab heute (Mittwoch, 03.07.) arbeiten wir gemeinsam bei dem "Seniors Together" Projekt mit. Dort geht es um die Unterstützung, Förderung und die Inklusion der Senioren im Leben. Wir befanden uns in einem sog. "Men's Shed" Mobil, welches zu Werbezwecken für den gemeinnützigen und kostenlosen "Men's Shed" Verband agiert.
"Men's Shed" ist etwas wie ein Treff für Männer über 18, bei dem überwiegend Senioren teilnehmen. Die Männer können dort Gesellschaftsspiele spielen, etwas aus Holz bauen, Instrumente spielen oder einfach nur reden und Tee trinken. Dies soll die sozialen Kompetenzen von männlichen Senioren fördern und diese näher zusammenbringen.
Unsere Nachmittage verbringen wir bis jetzt überwiegend in unserem Wohnort. Gemeinsames Kochen, Einkaufen gehen usw. sind Bestandteile unseres Alltages.
Mittwoch, 10.07.2019
Unsere erste Woche in Schottland ist mitterweile um. Wir haben bisher sehr viel erlebt, viel gesehen und die unterschiedlichsten Menschen kennengelernt. Eins können wir behaupten: Schotten sind sehr zuvorkommend und herzlich. Jeder versucht, diesen Auslandsaufenthalt für uns so schön wie möglich zu gestalten und alle geben sich sehr viel Mühe.
Das Wochenende verbrachten wir in der Großstadt Glasgow, die nicht weit von unserem Wohnort entfernt liegt. Wir waren sehr beeindruckt von dieser Stadt, die viel größer ist, als wir erwartet hatten. Wir werden definitiv noch einmal einen Ausflug dorthin machen.
Nachdem wir die erste Woche überwiegend im "Men's Shed" verbrachten, startete diese Woche mit einem Ausflug zum "Active Age" Kurs. Wir durften dabei zusehen und auch mit viel Spaß mitmachen. "Active Age" ist ein Angebot für Menschen über 60 Jahren, das diesen ermöglicht für £56 im Jahr, jede Freizeit- und Sportaktivität in ganz South Lanarkshire, an jedem Tag des Jahres zu nutzen. Montags morgens von 9:30 Uhr bis 11:30 Uhr kommen beispielsweise Senioren zusammen und treiben Sport.
Nach einer halben Stunde gemütlichem Gehen startet das Zirkeltraining mit einfachen Aufgaben, die jeder gut meistern kann. Danach folgt eine freie Auswahl der sportlichen Aktivität. Einige spielen Badminton oder Tischtennis und andere Volleyball, wobei wir einige Runden mitspielten. Hierbei geht es darum, die Senioren "raus" zu bringen und ihnen zu einem kostengünstigen Angebot so viel sportliche Aktivitäten bieten zu können, wie es möglich ist. Danach machten wir einen Ausflug in die "Viewpark Gardens". Diese dienen als Gewächshaus für verschiedenste Pflanzen, die danach auf Verkehrsinseln gepflanzt werden, um das schöne Grün des South Lanarkshire Distriktes zu erhalten.
Heute, am Dienstag, fuhren wir zum Trainingslager der schottischen Feuerwehr. Dort wurden wir herzlich von Marc empfangen und herumgeführt.
Die Feuerwehrmänner- und Frauen absolvieren dort ein stetiges Training, indem sie in verschiedenen Dingen wie Feuerlöschen, Erste Hilfe leisten oder den Gefahren des Berufes ausgebildet und weitergebildet werden. Es werden in einer nachgebauten Kleinstadt ganze Szenarien aufgebaut, mit denen die Feuerwehrleute als Team konfrontiert werden.
Einstürzende Häuser, brennende Autos, verletzte Menschen und viele andere Dinge werden dort tagtäglich gelehrt und trainiert, damit die Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr in echten Situationen richtig handeln können.
Die Mitarbeiter des Rathauses von South Lanarkshire müssen stetig überprüfen, ob die Feuerwehrleute richtig ausgebildet werden, damit die Sicherheit der Stadt weiterhin gegeben ist.
Linda, eine Mitarbeiterin des Rathauses, erzählte uns, dass nicht nur die Feuerwehr ein wichtiges Thema in South Lanarkshire sei. Auch Anti-Drogen Campagnen, Sozialhelfer, Seniorenpflegekräfte und vieles mehr, was in den sozialen Bereich fällt, machen einen großen Anteil aus.
Uns ist aufgefallen, dass die Verwaltung in Schottland (in unserem Fall die Verwaltung des South Lanarkshire Disctricts) einen sehr großen Wert auf Senioren, sowie sozial schwächere Schichten legt. Mithilfe von vielen kostengünstigen Angeboten und auch Sozialwohnungen helfen sie den Bürgern auf vielen Ebenen.
Wir sind gespannt, was uns noch alles erwarten wird!
Donnerstag, 18.07.2019
Am Donnerstag besuchten wir das “Low Parks” Museum in Hamilton, in dem diverse Ausstellungsstücke der Vergangenheit zu sehen waren. Eine Mitarbeiterin des Museums erzählte uns einiges über die Geschichte Hamiltons. Eines der Gebäude des heutigen Museums reicht zurück bis in das Jahr 1669 und es ist bis heute das älteste Gebäude in Hamilton.
Am Freitag fuhren wir mit Paul in die “University of West of Scotland”, welche im letzten Jahr ein neues Gebäude bezog und somit eine der neusten Universitäten in Schottland ist. Paul arbeitete mit uns zusammen bei “Seniors Together” und geht gleichzeitig auf die Universität, weshalb er und einer der Dozenten uns eine ausführliche Führung durch das moderne Gebäude geben konnten.
Am Wochenende waren wir ein weiteres mal in Glasgow unterwegs und sind am nächsten Tag nach New Lanark gefahren. New Lanark ist eine Altstadt aus dem 18. Jahrhundert und genau so, wie man sich Schottland vorstellt, alte, graue Backsteingebäude, viele Hügel und noch viel mehr grüne Wiesen. Dort sind wir entlang des Weltkulturerbes am Clyde entlangspaziert und konnten die sogenannten “Falls of Clyde” (Wasserfälle) bestaunen.
Wir waren sehr angetan von der schönen Natur und können einen Ausflug dorthin wirklich empfehlen!
Mit der neuen Woche startete unser zweites Praktikum bei VASLAN (Voluntary Action South Lanarkshire). Die Organisation setzt sich für ehrenamtliche Arbeit ein, sie kümmert sich beispielsweise um Jugendliche, welche eine schwere Zeit in ihrem Leben durchmachen mussten oder hilft Ehrenamtlichen dabei ein Team zu gründen. Wir wurden freundlich in Empfang genommen und durch das Haus geführt. Anschließend gab uns ein Mitarbeiter eine kurze Zusammenfassung über die Arbeit von VASLAN. Nachmittags haben wir an einer Informationsveranstaltung über Menschenhandel und Ausbeutung teilgenommen und wurden in einen Workshop integriert. Die nächsten Tage haben wir damit verbracht, das Arbeitsumfeld der Angestellten besser kennenzulernen und uns mit der Arbeit einiger Mitarbeiter vertraut gemacht.
Donnerstag, 25.07.2019
Unser letztes komplettes Wochenende vor unserer Abreise verbrachten wir in Edinburgh. Nach knapp einer Stunde Fahrt erreichten wir die Stadt im Regen. Nach einiger Zeit spielte das Wetter jedoch mit und wir hatten einen sonnigen Tag in Edinburg. Mit Glasgow kann man die Stadt jedoch gar nicht vergleichen. Edinburgh gleicht eher einer Altstadt die von viel Gesichichte geprägt ist. Anders als die relativ moderne Stadt Glasgow, die mehr für Shopping gedacht ist und echtes Stadtleben beschreibt. In Edinburgh gingen wir zum alten Schloss auf dem Berg, besuchten die Altstadt und besuchten als große Fans sogar den Pub, in dem die Harry Potter Bücher geschrieben wurden.
Unsere zweite Woche bei VASLAN und somit unsere letzte Woche vom gesamten Auslandsaufenthalt in Schottland startete definitiv spannend und ereignisreich.Am Montag machten wir erst einen Ausflug in eine Art Hospiz, jedoch für langzeit kranke Menschen, die einfach einen Ort brauchen, in dem sie beraten werden oder einfach nur mit jemandem reden können. Auch Pfleger können dort hinkommen um über mögliche Probleme oder Ähnliches zu reden und gut von den ehrenamtlichen Mitarbeiten, Psychiologen und Therapeuten beraten zu werden. Danach fuhren wir in eine Art Gartenanlage, für Menschen, die evtl. Probleme beim Lernen haben oder eine Behinderung haben, die sie im "normalen Leben" beeinträchtigt. Die Menschen können dort hinkommen und lernen, wie man Gemüse und Obst anpflanzt oder Möbel aus Holz baut. Aus den Pflanzen (z.B. Lavendel) machen die Mitglieder dann Kerzen oder aus den Früchten Marmeladen, die sie dann weiterverkaufen. So wird dieses ehrenamtliche Projekt größtenteils finanziert. Danach fuhren wir noch in eine Sporthalle, in der es ein Angebot gab, dass Mütter mit ihren Kindern kommen und Spiele spielen, basteln und malen. Auch ein gesundes Mittagessen wurde angeboten. All dies wurde von "Healthy Valley" angeboten und wird somit ebenfalls ehrenamtlich betrieben. Am Ende des Tages fuhren wir zur Rigside Primary School (Grundschule), zu der die Kinder in den Ferien kommen können und unter aufsicht von ehrenamltichen "Healthy Valley"-Mitgliedern basteln, spielen oder Musik machen können. Dort bekommen die Kinder Frühstück und Mittagessen und werden anschließend mit einem großen Bus wieder nach Hause gefahren.
Am Dienstag sind wir mit Roisin zu den Growing Gardens gefahren. Dort kann sich jeder ehrenamtlich an der Gartenarbeit beteiligen. Es werden verschiedene Obst und Gemüseplanzen angebaut, aber auch einfache Blumen, die den Garten zum blühen bringen, sind dort zu finden. Die Grundschule hat dort auch einen kleinen Anteil und pflanzt zusammen mit den Kindern Pflanzen an.
Wir haben den Ehrenamtlichen bei ihrer täglichen Arbeit geholfen und Pflanzen mit Wasser versorgt oder abgestorbene Pflanzen ausgerissen, um Platz für neue zu schaffen.
Am Mittwoch sind wir mit Sandra nach Loch Lomond gefahren. VASLAN wollte, dass wir auch mal mehr als nur den "Arbeitsalltag" sehen und haben diesen kleinen Ausflug für uns geplant und uns mit Geld für die Fahrt und das Mittagessen versorgt. Dort angekommen haben wir uns erstmal die Umgebung angesehen. Anschließend haben wir eine Bootsfahrt auf dem Loch Lomond gemacht und konnten dabei die schöne Natur bestaunen. Wir haben uns sehr über diesen "etwas anderen" Arbeitstag gefreut!
Donnerstag, 01.08.2019
Am Donnerstag sind wir mit vier Mitarbeitern und einigen Jugendlichen zu einer Art Jugendtreffpunkt gefahren, welcher direkt an einem Fußballplatz liegt. Dort haben wir verschiedene Spiele gespielt und anschließend zusammen „gebastelt“. Der Vormittag wurde mit einem BBQ abgeschlossen, bei dem alle zusammen saßen und sich über verschiedene Dinge ausgetauscht haben. Das Treffen ist generell für alle Jugendliche, aber speziell für Jugendliche, die beispielsweise ein Familienmitglied verloren haben oder schlecht Anschluss in der Gesellschaft finden.
Am Freitag, unserem letzten Arbeitstag, sind wir zusammen mit Charlie, unserem Mentor, ein paar Formalitäten durchgegangen und unterhielten uns anschließend über das Eindrücke und Erfahrungen, die wir bei VASLAN sammeln konnten. Daraufhin wurden wir vom gesamten Team verabschiedet und hatten etwas früher als gewöhnlich Feierabend. Da wir somit noch etwas Freizeit hatten, haben wir uns dazu entschieden den Tag im naheliegenden Country Park zu verbringen. Der Park ist riesig und hat eine unglaublich große Rasenfläche. Außerdem befindet sich dort ein Mausoleum.
Am Samstag sind wir ein letztes Mal nach Glasgow gefahren und haben dort eine Sightseeing Tour mit dem Bus gemacht. Dadurch konnten wir an unserem letzten Tag in Schottland nochmal einige neue Eindrücke über die Stadt gewinnen, die es uns ziemlich angetan hat. Anschließend machten wir noch einige Erledigungen bevor es dann ans Koffer packen ging, da es dann am Sonntag wieder zurück nach Hannover ging.
Unser Fazit
Nun folgt ein kurzes Fazit zu unserem einmonatigen Auslandspraktikum in Schottland.
Wir beide waren vorher noch nicht in Schottland und waren somit sehr angetan von den vielen Feldern und Wiesen. Das Klischee, dass Schottland so grün sei und es mehr Kühe und Schafe als Einwohner gibt, können wir nun auch bestätigen!
Am meisten angetan waren wir von der Großzügigkeit, der Hilfsbereitschaft sowie der Zuvorkommenheit der Schotten. Wir wurden immer von allen sehr nett behandelt. Die Mentalität der Briten ist sehr witzig, kommunikativ und einfach angenehm. Wir haben in dieser relativ kurzen Zeit viele nette Menschen kennengelernt und sind mehr als froh darüber, dass wir diese Möglichkeit bekommen haben.
Das Partnerschaftskomitee von Lanark hat bei uns auch einen positiven Eindruck hinterlassen.
Im Rückblick auf die letzten vier Wochen würden wir beide wahrscheinlich noch vier weitere Wochen dranhängen, dennoch hat uns die Heimat gegen Ende der Zeit ein wenig gefehlt und es ist auch schön wieder in unserem „gewohnten“ Umfeld zu leben und zu arbeiten.
Die Tatsache, dass wir einen Arbeitsplatz bei unserer Partnerstadt South Lanarkshire erhalten haben, zeigt einmal mehr wie vorteilhaft eine Städtepartnerschaft sein kann.
Wir sind sehr dankbar, dass wir diese Gelegenheit erhalten haben und würden es jederzeit wieder tun! Auch wenn das Wetter nicht immer mitgespielt hat, wie man es von Schottland auch erwartet, hatten wir dennoch sonnige Tage und eine wirklich tolle Zeit mit tollen Menschen und konnten viele Eindrücke sammeln, was unter anderem die Arbeitsverhältnisse im Vereinigten Königreich betrifft. Es war interessant, einen Unterschied zu unserem gewohnten Arbeitsalltag kennenzulernen. In South Lanarkshire konnten wir sehen, wie unterschiedlich eine Gemeinde handelt, agiert und welche anderen Schwerpunkte innerhalb der Verwaltung es gibt.
Alles in Allem war dieses Auslandspraktikum für uns eine absolut fantastische Erfahrung, die wir jedem weiterempfehlen können! Und wer weiß, vielleicht finden andere Auszubildende der Stadt Hemmingen auch mal ihren Weg nach South Lanarkshire.